Das Grosse Evangelium Johannes: Band 1
Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Zweiter Tag in Sichar
- Kapitel 85 -
Ankunft in Galiläa. Verschiedene Ansichten über den Messias. Weiterreise nach Kana in Galiläa
Als wir im Tale ankamen, erreichten wir bald ein galiläisches Dorf, in welchem viele von jenen Galiläern wohnten, die in Jerusalem auf dem Feste waren, als Ich den Tempel reinigte. Es war auch eben nicht eine gar lange Zeit seit der Geschichte in Jerusalem, und so war ihnen noch alles ganz frisch im Gedächtnisse.
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Als Mich diese Galiläer sahen wandeln durch ihr Dorf, da kamen sie sogleich aus allen Häusern auf die Straße, begrüßten Mich überaus freundlich und konnten Mich nicht genug loben wegen Meiner nach ihrer Meinung überaus gewagten Tat im Tempel. Und ihre Freude, Mich wiederzusehen, war um so größer, als sie nahe alle der Meinung waren, daß Mich die Pharisäer in Jerusalem heimlich aus dieser Welt möchten befördert haben! Denn diese Galiläer wußten noch nicht viel anderes von Mir, als daß Ich des frommen Josephs Sohn sei und Gott mit Mir sei wie mit Joseph. Ich mußte mit Meiner Gesellschaft den Tag über und am Ende auch die ganze Nacht bei ihnen verbleiben. Sie bewirteten uns nach ihren Kräften, und es war da viel Fragens und Beratens, und es kam auch die Frage über den Messias; und viele sahen und erkannten in Mir Denselben.
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Denn sie sagten: ,,Wer einen solchen Mut im Tempel vor vielen tausend Menschen aus sich entwickelt, muß sich einer großen Macht bewußt sein, die ihm von oben gegeben ist! Denn würde das ein gewöhnlicher Mensch tun, so ginge es ihm schlecht bei solch einem Unternehmen; auch würde er gegen die verrosteten Mißbräuche, die schon lange im Tempel gang und gäbe sind, nichts ausgerichtet haben! Aber bei Dir war es anders! Als wenn ein gewaltigster Sturm unter sie gekommen wäre, rannten sie alle zum Tempel hinaus, - und seitdem ist im Tempel kein Markt mehr gehalten worden!" Und Ich sagte: ,,Und wird fürder auch keiner mehr gehalten werden; denn sein Ende ist nahe gekommen!"
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Da erstaunten die Galiläer und antworteten: ,,Wenn so, da wird es schlimm aussehen mit uns! Was ist dann mit der ewigen Herrschaft der Nachkommen Davids, die verheißen ist durch die Propheten, und die der Messias wieder errichten werde?!"
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Sage Ich: ,,Der wird wohl den wahren Kindern und Nachkommen Davids und dadurch für alle Menschen der Erde ein neues und ewig dauerndes Reich gründen; aber nicht auf dieser Erde, sondern über der Erde im Himmel! Wer die Propheten anders deutet, der wird im Finstern wandeln."
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Auf dies Wort entfernen sich mehrere, denn sie glaubten an einen irdischen Messias; aber viele bitten Mich um eine nähere Belehrung.
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Ich aber sage: ,,Ihr müßt auch Zeichen sehen, sonst glaubt ihr nicht! Folget Mir daher gen Kana, und von dort in der Gegend herum; allda sollt ihr Lehre und Zeichen bekommen!"
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Es waren aber in Meiner Gesellschaft viele aus Kana, die Mich von der Hochzeit weg auf dieser ganzen Lehrreise getreuest begleitet haben. Diese wollten von all den Lehren und Zeichen, die sie von Mir gehört und gesehen haben, zu reden anfangen.
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Ich aber sage: ,,Für diese ist es noch nicht an der Zeit. Lasset sie uns aber folgen nach Kana; dort wollen wir davon einiges erwähnen, und mehreres sollen sie selbst sehen und erfahren! Und so denn setzen wir unsere Reise wieder weiter fort! Unterwegs aber soll niemand was reden; denn es gibt hier pharisäische Wegelagerer!"
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Als Ich solches bemerkte, gaben Mir die Galiläer recht und erzählten selbst, wie nun allenthalben pharisäische Spione lauern und die Wanderer auf der Straße anhalten, sie um allerlei befragen und mitunter auch, ob der gewisse Jesus aus Nazareth sich nicht irgendwo aufhalte und lehre unter ihnen. Und Ich sagte: ,,Eben darum wollen wir bis gen Kana hin ganz still wandeln; an unsere zahlreiche Gesellschaft werden sie wohlweislich keine Fragen stellen!"