Gottes Neue Offenbarungen

Das Grosse Evangelium Johannes: Band 11

Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre

- Kapitel 57 -

Der Herr und Ephraim

Nachdem die Jünger mit diesen Auseinandersetzungen des Petrus sich einverstanden erklärt und noch mancherlei aus ihren eigenen Urteilen hinzugefügt hatten, ergriff nun Johannes das Wort und setzte den Brüdern auseinander, daß doch vornehmlich Meine Liebesorge stets darauf bedacht sei, das Endziel mit möglichster Sicherheit für das Individuum zu erreichen, und daß hauptsächlich dieses Endziel auch die Wege bestimme, welche das Individuum bei seiner Entwicklung bis zum Menschen zu gehen habe. Da aber nun aus sehr weisen Gründen jeder Mensch anders geartet sei, so sei auch da eines jeden Menschen Seele bis zur vollen Entwicklung anders geleitet, weswegen sich ein allgemeines, feststehendes Gesetz, welche Wege eine werdende Seele zu wandeln habe, wohl nur im Allgemeinen feststellen lasse, nicht aber im Besonderen, da Gott nur allein das Endziel kenne und kein anderer - sogar das betreffende Wesen selbst nicht einmal - sich darüber klar sein könne, zu was für einer Stellung im Dienste Gottes es gelangen würde und könne.
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,,Daher, liebe Brüder", fuhr Johannes fort, ,,befleißigt euch vor allem Wissen zunächst einer rechten Liebe und Demut, damit der Herr euch ungehindert leiten kann! Wollet nichts als nur Seine Liebe, so gelanget ihr zur größten Erkenntnis, und diese ist: Wohnung zu nehmen im Herzen Gottes, wo ihr alsdann alles erschauet, nicht durch euch selbst, sondern durch Gottes Liebe, die es euch wie Schuppen von den Augen fallen lassen wird!"
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Als die Jünger nun noch so mancherlei über den angeregten Gegenstand sprachen, geschah es, daß an der einen Fensteröffnung des großen Saales ein Geräusch entstand, als wenn ein Mensch sich dort festzuhalten suche, der in Gefahr ist, herabzustürzen. Schnell eilten die Jünger hinzu und fanden einen Mann, sich an der Brüstung festklammernd, der offenbar ihren Reden gelauscht hatte, dabei das Gleichgewicht verlor und nun hinabzustürzen drohte. Er wurde hinaufgezogen und freundlich gefragt, ob er denn keinen Schaden genommen habe, und wie er denn da zu der ziemlich hohen Fensteröffnung hinaufgekommen sei.
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Der Mann, erst etwas verstockt wie ein ertappter Verbrecher, sagte alsbald freundlich, da er nicht unwillige Gesichter auf sich gerichtet sah: ,,Liebe Freunde, ich sehe nun wohl, daß ich mich sehr in euch geirrt habe, und bitte euch daher auch alles von Herzen ab, was ich euch in meinen Worten, euch unbewußt, angetan habe! Aber erlaubt, daß ich genauer aussage, was mich hergeführt hat, und warum ich beinahe verunglückt wäre!
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Seht, ich bin ein Einwohner der Stadt Ephrem und habe euch schon lange, seit eurem Hiersein, beobachtet und mir allerhand Gedanken gemacht, was ihr denn wohl in diesem Mauernest treiben möchtet, und wer ihr sein möget. Da haben denn manche meiner Verwandten und Freunde gesagt, ihr seiet Essäer, die hier Zauberei trieben und damit umgingen, eine neue Verschwörung gegen die Römer in Jerusalem zu planen, wozu hier ein geeigneter Ort sei. Andere wieder meinten, ihr seiet wohl Zauberer, die vieles fertigbrächten - zum Beispiel auch die so ungemein schnelle Herstellung dieser Burg -, aber keine Verschwörer, dazu taugte euer freundliches, offenes Wesen nicht.
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Ich aber verlachte diesen Zauberglauben an euch, wie ich denn überhaupt von solchen Dingen nichts halte, sondern weiß, daß alles auf Erden nur mit sehr natürlichen Dingen zugeht, gelobte mir aber, selbst ergründen zu wollen, wer und was ihr seid. Ich habe mich daher schon öfter des Nachts aufgemacht und dieses Wohnhaus umkreist, ob nicht eine Gelegenheit zu erforschen sei, meine Neugierde zu befriedigen. Stets aber hielt mich eine eigenartige Scheu davon ab, zu euch einzudringen.
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Heute aber wurde das Verlangen in mir so mächtig, daß ich um jeden Preis euer Geheimnis ergründen wollte, und so traf ich denn Maßregeln, zu euch eindringen zu können. Vor jenem Fenster, an dem ihr mich ergriffet, steht ein Baum, der seine Zweige weit ausbreitet. Ich nahm einige starke Stangen mit und legte diese von den Zweigen auf das Fenstergesims und konnte so auf dieser Brücke recht gut hierhergelangen und euer Gespräch belauschen. Die große Aufmerksamkeit nur, mit der ihr euch unterredetet, hat meine frühere Entdeckung verhindert, und eure Reden ergriffen mich so, daß ich ganz vergaß, ein Eindringling zu sein und am liebsten gleich zu euch hineingesprungen wäre. In dieser Selbstvergessenheit achtete ich gar nicht mehr auf meine leichte Brücke und stieß unversehens an die Stangen, die nun herabfielen. In dem Verlangen, dieses zu verhindern, wäre ich selbst fast gestürzt, wenn ihr nicht herbeigeeilt wäret.
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Ich bitte euch nun, liebe Freunde, mir verzeihen zu wollen; denn daß ich kein Dieb oder verbrecherischer Eindringling bin, werdet ihr mir wohl glauben, - wenigstens habe ich an eurer Weisheit schon gehört, daß es wohl schwer sein würde, euch zu täuschen!"
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Sagte Petrus: ,,Lieber Freund, was hätten wir wohl zu verzeihen, da wir doch alle recht gut wissen, daß weniger deine Neugierde, als dein innerer Geist es gewesen ist, der dich hierher zu uns getrieben hat? Ferne ist es uns daher, in dir irgendeine verbrecherische Absicht zu vermuten. So komme denn, setze dich zu uns, stärke dich und laß uns miteinander reden, wie es sich für aufrichtige und wahrhafte Männer ziemt! Willst du irgend etwas von uns wissen, so frage nur! Wir werden dir gewißlich gern Rede stehen."
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Der Ephremite, der nun seine anfängliche Scheu gänzlich verloren hatte, setzte sich denn auch zu den Jüngern, stärkte sich und fragte dann bald ganz ungeniert nach allen möglichen Dingen: unserem Herkommen, was wir hier wollten, und warum wir gerade dieses Mauernest zu unserm Aufenthalt ausgewählt, und vieles andere Persönliche über die Jünger, was ihm dann auch ganz offen beantwortet wurde.
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Als er nun auch wußte, daß die Meinen Jünger des ihm wohlbekannten Nazareners seien, fragte er sofort nach Mir und wollte Mich durchaus sehen. Petrus verwies ihm die etwas ungestüme Art seines Wesens und sagte, er solle sich gedulden, wüßte doch keiner von ihnen, ob ihr Meister es auch dulden wolle.
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Darauf sagte der Ephremite ganz kühn: ,,Freunde, ich habe es von jeher so gehalten, stets an die Quelle zu gehen, nicht aber lange den Abzügen eines Flusses nachzuforschen, wenn es galt, auf den Kern einer Sache einzudringen! Ich vermutete gewißlich, daß etwas Besonderes hinter euch stecke, und es ist auch schon seit langem mein Wunsch, den Heiland kennenzulernen und von Ihm Selbst die Worte zu hören, die ich so nur auf Umwegen erlangen konnte. Ist es da nicht sehr begreiflich, daß ich mit allen Kräften so schnell als möglich mich Ihm zu nähern suche, zumal mein Herz sich so mächtig nach Ihm sehnt?! Würdest du deinem Kinde gebieten können, fern von dir zu bleiben, wenn es dich umarmen möchte? Ich aber weiß sehr wohl aus der Schrift und aus vielen anderen Dingen, die jetzt geschehen sind, wen ich in Jesus von Nazareth vor mir habe. Und so war es eigentlich auch das innere Gefühl, hier von Ihm etwas zu erfahren, was mich hertrieb, weswegen es auch wahr ist, als du sagtest, der Geist treibe mich, nicht die Neugierde.
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Ist es aber wirklich so, daß hier der König Zions haust, von dem David und alle Propheten weissagten, so wird Er Sich auch nicht dagegenstellen, daß ein einfaches Menschenkind, das nur ein Herz voll höchster Liebe Ihm entgegenbringt und nichts weiter als diese Liebe, nicht vergebens an Seine Türe pocht und um Einlaß bittet. Ich glaube, den höchsten Geist, der nun in einem Körper Wohnung nahm, besser zu kennen, als daß ich nicht meinen könnte, Er wisse genau, was hier geschieht, und erwarte mich, um mein Liebesopfer in Empfang zu nehmen!"
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Sagte Petrus ganz verwundert: ,,Höre, Freund, du redest hier unsern Ohren eine Sprache, die uns mindestens ungewohnt ist; denn noch nie sahen wir einen Menschen, der, ohne den Herrn zu kennen, so von Ihm geredet hätte! Woher weißt du so genau, wer Er so eigentlich ist?"
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Sagte der Ephremite: ,,Nun, das muß doch wohl einem jeden sofort klarwerden, wenn er Augen zu sehen und Ohren zu hören hat!? Beide Leibesorgane sind bei mir aber noch in recht gutem Zustande, sodann auch mein Verstand und wohl auch mein Herz, das eine viel deutlichere Sprache zu reden versteht als der erstere, - und daher habe ich auch alle meine Sinne offengehalten und erfahren, was andere nicht durch die handgreiflichsten Beweise erfahren konnten.
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Braucht man denn immer zu sehen, um zu glauben? Muß man stets die fremden Länder gesehen haben, um glauben zu können, daß sie bestehen? Sicherlich nicht! Nun, siehst du, Freund, so geht's auch mir! Was ich hörte, genügte mir, um, nachdem ich es durchgeprüft, zu glauben, und daher weiß ich nun auch, wen ich in eurem Meister zu suchen habe, und ich bin dessen völlig gewiß, daß ich auch in Ihm finden werde, was ich suchte und fest von Ihm glaube."
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Als der Ephremite so geredet hatte, trat Ich in den Saal ein und rief ihm zu: ,,Selig sind, die da glauben und nicht sehen! Und so sei du Mir denn als der letzte aller derer, die nur durch Mein Wort zu Mir gelangen, willkommen, und bleibe hinfort bei Mir, damit dein Glaube gekrönt werde! Du heißt Ephraim und sollst Mir von jetzt ab zur Säule werden, die eine gute Stütze gibt für den Bau Meines Reiches. Ihr andern aber nehmt euch ein Beispiel an diesem, damit ihr lernt, was es heißt, nach dem Herzen zu leben und allein dessen Willen und Empfindungen zu folgen!"
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Ephraim eilte nun zu Mir, völlig überwältigt von seinen Gefühlen, und es folgte nun eine jener Szenen, wie sie schon öfter beschrieben worden und bedingt sind durch die Liebe des Kindes, das seinen Vater erkennt und nun in seligster Freude begrüßt.
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Nachdem diese Szene vorüber war und Ich Ephraim gestärkt hatte, erklärte Ich den Jüngern, daß nun der letzte derer gewonnen sei, die als Zeugen Meiner irdischen Laufbahn aus dem Weltall zur Erde niedergekommen seien, um als Stütze Meines Reiches zu dienen, und daß nun damit die Zahl derer erfüllt sei, welche berufen seien, Lehrer zu werden für Mein Schulhaus des Geistes, welches zu errichten und durch Sein Beispiel zu besiegeln der Menschensohn erschienen sei.
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Die Jünger wurden nochmals ermahnt, festzuhalten an allem, was sie gesehen und gehört hatten, und die kurze Spanne Zeit wohl zu benutzen, sich recht zu festigen für die Zukunft, damit sie Sieger bleiben könnten sich selbst gegenüber und dadurch auch den Menschen gegenüber.

Fußnoten