Das Grosse Evangelium Johannes: Band 2
Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre.
(Im Sommer des Jahres 30)
Dritte Reise des Herrn:
Genezareth - Zu Schiff über die Bucht und dann zu Fuß nordwärts in Richtung Tyrus - Rückkehr zum Galiläischen Meer - Berg am Ufer (Zweite Volksspeisung) - Zu Schiff nach der Herberge bei Magdala - Zurück zum Berg am Ufer - Zu Fuß nach der Hütte des Markus bei Cäsarea Philippi
- Kapitel 190 -
Die neuen Gäste
Die Söhne des Markus hatten noch kaum das Netz zum Trocknen an die zu dem Zwecke am Ufer befestigten Pfähle gehängt, so war das große Römerschiff auch schon so nahe am Ufer, daß man mit den Schiffsleuten reden konnte; und diese forderten die Söhne des Markus auf, mit etwelchen Nachen an das große Schiff zu kommen und die Reisenden ans Ufer zu bringen, weil dieses vermöge seines Tiefganges sich nimmer völlig dem Ufer nahen könne. Die Söhne taten das sogleich, und Meine Jünger staunten nicht wenig, als sie unter den vielen römischen Soldaten und anderen Bürgerpersonen auch den Hauptmann Julius und am Ende gar den Ebahl mit der Jarah entdeckten.
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Aber zugleich trug das Schiff auch fünf eingefangene arge Straßenräuber, die an den Pässen zwischen Judäa und Samaria ihr Unwesen trieben und schon so manchen Mord verübt hatten. Diese waren als Rabbis gekleidet und sahen sonst recht freundlich aus; aber dennoch wohnte in eines jeglichen Herzen eine volle Legion der ärgsten Teufel, die diese fünf Räuber nötigten, auf die unbarmherzigste Weise von der Welt die Wanderer auszurauben und sie dann, um nicht verraten zu werden, ohne alle Schonung zu ermorden. Derlei Räuber wurden aber heimlich von den Pharisäern gebilligt, weil dadurch die Zusammenkünfte zwischen den ketzerischen Samariten und den Juden auf gar vielen Stellen nahe gänzlich unmöglich gemacht wurden. Davon wußten aber auch die Römer und waren darum solchen Räubern um so feindlicher. Und es ging solchen Verbrechern dann schon allzeit erschrecklich schlecht; denn auf sie wurden stets die peinlichsten Todesstrafen angewendet.
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Neben den erwähnten fünf Haupträubern aber befanden sich noch etliche politische Verbrecher, die heimlich, auch vom Tempel ausgehend, allenthalben Propaganda gegen die Römer anzettelten; der ganze Transport aber war nach Sidon bestimmt.
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Ich aber verbarg Mich ein wenig, auf daß Mich Ebahl, die Jarah und der Julius nicht sogleich fanden, und gebot es auch den Hausleuten und dem Cyrenius, Mich nicht sobald zu verraten; denn es befanden sich auf dem Schiffe auch etwelche Pharisäer, die Meinetwegen von Jerusalem geheim abgesandt waren, obschon sie laut vor der Welt einen andern Grund im Munde führten.
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Cyrenius empfing den Julius mit der größten Freundlichkeit, was den Hauptmann Julius höchst angenehm wundernahm; denn fürs erste hatte er das höchste asiatische Staatsoberhaupt hier nicht vermutet, und fürs zweite war des Cyrenius Art gegen seine untergeordneten Diener stets eine sehr ernste, obschon im Vollmaße gerechte.
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Cyrenius besprach sich sogleich mit Julius wegen der Verbrecher, und ob Julius über sie schon irgendein Urteil gefällt habe. Denn mit einem schon gefällten Urteile sah es bei den Römern unerbittlich schlimm aus; es konnte dasselbe nur allein vom Kaiser noch widerrufen werden. Aber Julius hatte eben noch kein Urteil gefällt und wollte solches erst in Sidon vom Oberstatthalter Cyrenius selbst fällen lassen; er bat darum den Cyrenius auch, nach der Kundgabe der bösen Taten von den fünf Raubmördern und von den etwelchen politischen Verbrechern, daß er die Verbrecher nach Recht sogleich verurteilen möchte.
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Spricht Cyrenius zu Julius: ,,Du hast sehr wohl und weise gehandelt, daß du diese Bösen noch nicht verurteilt hast! Ich werde sie aber auch nicht sogleich verurteilen; denn es befindet sich nun noch ein Größerer und Mächtigerer in unserer Nähe, und diesen werden wir hier in dieser Causa () urteilen lassen. Laß die Verbrecher darum gut bewachen, bis dieser Mächtigste und Weiseste kommt!"
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Spricht Julius: ,,Höchster Gebieter über Asien! Befindet sich etwa gar der Kaiser auf asiatischem Boden?"
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Sagt Cyrenius: ,,Nein, liebster Julius, aber Einer, der vollwahr über alle Reiche der Welt gebietet, und darum auch über den gekrönten Sohn des Augustus, meines Bruders! Es ist Zeus mit aller Seiner göttlichen Macht unter uns Sterbliche von den Himmeln gekommen; Seine Worte sind Werke, und Sein Wille ist eine vollbrachte Tat!"
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Cyrenius aber redete zu Julius darum also römisch von Mir, da er daran dachte, Mich nicht zu verraten, und auch nicht wußte, daß Julius Mich auch schon kannte.
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Und Julius sagte darum: ,,Höchster Gebieter, wir leben nun in einer Zeit der Wunder über Wunder, und die Götter müssen ein großes Wohlgefallen an den Sterblichen haben; denn auch ich hatte erst vor wenigen Tagen die sonderbarste Gelegenheit von der Welt, einen Menschen kennengelernt zu haben, dem vom Zeus nichts abging als etliche tausend Blitze in seiner Hand! Ein Jahr wäre viel zu kurz, um dir das alles zu erzählen, was dieser offenbarste Zeus bei mir in Genezareth und zumeist im Hause des biederen Wirtes Ebahl gewirkt hat!"
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Cyrenius machte dabei ganz große Augen und war etwas verlegen, was er darüber nun dem Julius sagen, oder worüber er ihn weiter fragen sollte. Denn er gewahrte es augenblicklich aus der Erzählung, daß Ich es war; aber er wollte den Julius nicht stören in seinem Glauben. Dasselbe war aber auch bei Julius der Fall; denn auch er hatte sich das sogleich gedacht, als Cyrenius den allmächtigen Zeus ihm beschrieb.
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Keiner hielt den andern für einen umgestalteten Römer, und so geschah es, daß sich die beiden so lange foppten, bis Ich Selbst am Ende zum Vorschein kam und dadurch die gegenseitigen Zweifel löste, - was Ich jedoch bei einer guten Stunde lang verschob.