Gottes Neue Offenbarungen

Das Grosse Evangelium Johannes: Band 2

Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre.
(Im Sommer des Jahres 30)
Erste Reise des Herrn:
Kis - Landungsstelle Sibarah - Nazareth

- Kapitel 31 -

Des Jairus Rede über die Wunderwirkungen

Sagt darauf auch Jairus: ,,Ja, ja, du mächtiger Cyrenius, du hast völlig recht, daß du von dir selbst aussagst, daß du nun vollends im reinen bist in deinen nunmaligen Einsichten; denn auch ich und sicher ein jeder aus uns ist es und kann die ewige Notwendigkeit auf Grund der allerunbestreitbarsten Wahrheit einsehen, wie da alles beschaffen ist, und wie der Mensch beschaffen sein soll. Aber was kann man da tun? Die Menschheit ist zu tief herabgekommen; sie versteht eine sanfte freie Lehre nicht, und es wäre - gerade herausgeredet - schade um die Zeit, die man dazu verwenden möchte, weil man sich damit nichts als eine fruchtlose Mühe gäbe, aus der kaum Disteln und Dornen als Frucht zum leersten Vorscheine kämen! Also auf die sanfte Art ist keine Wirkung möglich, wenigstens nicht bei den mir nur zu bekannten Juden!
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Das Volk aber durch Wunder lehren, ist zwiefältig schlecht: einmal schlecht, weil der Mensch, durch ein Wunder zur Wahrheitsannahme bewogen, ein gerichteter, unfreier Mensch ist und dem durch ein Wunder bekräftigten Worte nicht der kaum erkannten Wahrheit, sondern nur des mächtigen Wunders wegen glaubt und nicht aus innerer Überzeugung und daraus hervorgehender Selbstbestimmung, sondern aus purer knechtischer Furcht vor irgendeiner plötzlichen Strafe nach dem vernommenen Worte tätig wird. Versteht aber einer, ihm das Wunder recht geschickt auszureden, so wird er auch sicher der erste sein, der dem Worte und dem Glauben darauf ein ganz fröhliches Lebewohl nachrufen wird! Und zum andern Male ist die durch ein Wunder bekräftigte Lehre schlecht, weil das Wunder, das als solches kein Bleibens haben kann, nicht auf die späteren Generationen übergeht, ein erzähltes und nicht erlebtes Wunder aber ohnehin keinen andern Wert als ein erzähltes Kindermärchen hat und haben kann.
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Könnte man aber ein Wunder auch bleibend machen, oder würde man allen Lehrern dieser hier vernommenen Wahrheiten die Fähigkeit geben, allzeit Wunder zu wirken, so würde fürs erste ein bleibendes Wunder von dem Menschenverstande nur zu bald in die Reihe der täglich natürlichen Erscheinungen gestellt werden und den kräftigen Beweisgrund verlieren. Ein Wunder aber, das von allen Wahrheitslehrern zu allen Zeiten gewirkt werden würde, würde fürs zweite eben auch alltäglich werden wie sonst irgendeine alltägliche Zauberei der Gassengaukler, die ich zwar auch nicht nachzuahmen imstande bin, und bei der ich nicht einsehe, wie und mit welchen Mitteln sie zustande gebracht wird; aber weil man derlei nur zu oft sieht, so verliert es den Wert des eigentlich Wunderbaren und sinkt zum Alltäglichen und ganz Gewöhnlichen herab.
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Ist nicht alles Wunder über Wunder, was uns täglich umgibt? Was wir hören, sehen, fühlen, riechen, schmecken - ist nichts als Wunder über Wunder! Aber weil alles das bleibend ist und in einer stets gleichen Ordnung fortschreitend geschieht, so verliert es den Charakter des Wunderbaren und nimmt auch keines Menschen Gemüt mehr wie ein Gericht für den Glauben gefangen; nur einige Naturkundige beschäftigt es wissenschaftlich. Diese legen ihr Ohr auf die Erde und geben sich alle Mühe, um etwa doch das Gras wachsen zu hören; aber da sie mit aller ihrer Mühe dabei wenig oder nichts herausbringen und nicht erfahren können, wie da das Gras wächst, so tun sie am Ende doch mit weise tuender Miene, als verstünden sie es. Weil sie aber das Gras nicht wachsen machen können, so lernen andere alte, schon sehr abgenutzte Zauberstücklein, schlagen damit die Blinden breit und machen dabei aber die Sehenden darüber lachen, wie die Blinden sich von ihnen auf die harmloseste Weise breitschlagen lassen.
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Es ist demnach gewiß, daß die Wunder im Grunde des Grundes entweder wenig oder, was meistens der Fall ist, zur Besserung der Menschen gar keinen Wert haben, weil das, was ich von den Wundern nun gesagt habe, leider nur zu wahr ist; sie erwecken wohl zumeist die neugierdevolle Gafflust der Zuseher, aber die finsteren Bande des Herzens lösen sie bei aller Ängstigung der Seele dennoch nicht, und die Wundergaffer bleiben unverändert dieselben, die sie ehedem waren, und fragen sich höchstens untereinander, zumeist so dumm als möglich: ,Aber wie er, der Wundermann, doch das zustande gebracht hat!?` Der noch dümmere Teil aber sieht um den Wundermann ohnehin lauter Teufel und deren Spukwerk.
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Wenn aber sogestaltig auf dem Felde der Wundertäterei so wenig erwünschte Früchte zum Vorschein kommen und nach Deiner klarsten Darstellung, o Herr und Meister, durch die äußere Zwangsgewalt der Gesetze noch wenigere und schlechtere, für die freie Belehrung aber nun unter tausend Menschen kaum fünf aufnahmefähig sind, so glaube ich nun nicht mit Unrecht noch einmal die wichtige Frage zu stellen: Was soll man als Lehrer endlich tun? Das Wunder verdirbt, das strenge Gesetz verdirbt auch, - und für die freie Belehrung aus der göttlichen Weisheitstiefe ist nur überaus selten ein Mensch völlig aufnahmefähig! Wie kann man sich aus diesem Dilemma (Zwangslage) wirkend frei machen? Wie kann man denn mit einem Schiffe durch die weltbekannte Szylla und Charybdis also kommen, daß man weder von der einen noch von der andern verschlungen wird?"

Fußnoten