Die Haushaltung Gottes
Band 1
Die Urgeschichte der Menschheit
- Kapitel 70 -
Henochs Predigt von der Liebe
1. März 1841
Als nun die Kinder solche liebweise Rede aus dem Munde Seths vernommen hatten, da hoben sie ihre Häupter empor, blickten gen Himmel und dankten Mir und priesen Mich aus vollem Halse darob, daß Ich den Seth erweckte und durch seinen Mund ihnen solchen wunderbar heilsamen Trost verkünden ließ.
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Adam aber, mit gerührt, sagte: ,,Da ihr nun empfangen habt von mir ein Wort der Weisung und von Seth ein rechtes Wort des Trostes, so bereitet euch denn vor und öffnet weit eure Herzen, zu empfangen auch ein Wort des Lebens aus dem Munde Henochs! Ihr seid durch mich ein gedüngter Acker geworden, welchen Seth aufgelockert hat mit seiner Zunge; aber es liegt der lebendige Same noch nicht in der Furche eures aufgelockerten Herzens. Henoch ist von oben zum Sämann bestellt; daher empfanget von ihm den Samen des Lebens! Amen."
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Und alsobald richtete sich Henoch auf, richtete sein Herz zu Mir und flehte Mich in seiner Liebe, die unbeschreiblich groß war, um die Erbarmung und Gnade an, auf daß Ich ihn erfüllen möchte mit Worten des Lebens, damit durch sie belebt werden möchten, die da getrauert und geweint haben in Meinem Namen, dem sie durch ihr eitles Unternehmen ungetreu geworden sind.
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Und alsbald erweckte Ich vollends Henochs Herz; er aber erkannte alsobald ein helles Licht in seinem Herzen lodern und sah zum ersten Male eine helle Feuerschrift in seiner Seele und erkannte wohl aus selber, daß es war ein lebendiges Wort aus Mir. Er dankte Mir inniglich, öffnete endlich seinen Mund und begann folgende, äußerst denkwürdige Rede an alle zu richten, sagend:
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,,O Väter und ihr Kinder im Mittage! Höret alle, was der Herr, unser Gott und heiligster Vater, spricht!"
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Und siehe, als aber die Väter solchen doppelten Aufruf vernommen hatten, nahm es sie ein wenig wunder, wie denn auch sie nun zu diesen Mittagskindern sollten hinzugezogen werden.
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Henoch aber sprach: ,,O Väter, solltet ihr denn vom Leben ausgeschlossen werden, wenn diese Mittagskinder das Leben empfangen?! Denn nun rede durchaus nicht ich, sondern Der, der Leben hat und Leben gibt aus jeglichem Worte, das Seiner unendlichen Liebe entstammt, redet aus meinem Munde!"
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Seth aber richtete sich alsobald auf und sagte eilends: ,,O Henoch, das sei ferne von uns allen! Höre, wir wissen es gar wohl, woran es uns gar gewaltig gebricht; daher rede du nur zu und gib uns, auf daß auch wir zum Leben gelangen möchten! Amen."
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Und so fing Henoch nun an, die eigentliche Rede von sich zu geben, sagend: ,,Wahr ist es, gedüngt ist der Acker und gefurcht sein Grund; aber der Same mangelt noch in den Furchen. Woher aber sollen wir den Samen nehmen, um ihn zu leblegen in die Furchen, auf daß er in selben zur lebendigen Frucht gedeihe?
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O Väter und Kinder des Mittags! Der Same ist die Liebe; die Liebe ist das Leben, und das Leben ist das Wort. Das Wort aber hat von Ewigkeit in Gott gewohnt. Gott Selbst war im Worte, wie das Wort in Ihm. Alle Dinge und wir selbst sind entstanden aus diesem Worte, und dieses Wort vermag niemand auszusprechen denn allein Gott. Es ist aber dieses Wort der eigentliche Name Gottes, und niemand vermag diesen Namen auszusprechen, und es ist dieser Name die unendliche Liebe des heiligsten Vaters, und wir sollen diese Liebe erkennen in uns und mit dieser Liebe dann lieben aus allen Kräften und Mächten Den, dessen Liebe wir und alles das überfröhliche Dasein verdanken.
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Das aber ist das ewige Leben, daß wir es als solches erkennen in der Liebe zu Gott, das heißt: daß wir die Liebe mit unserer Liebe in Gott, unserm heiligsten Vater, erkennen und das ewige Leben in ihr.
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Wenn wir aber betrachten unser leiblich Auge und gewahren, welche großen Fernen wir mit ihm erreichen können, so ist es ja klar und wahr, daß uns solches Licht nicht zum Stehen, sondern zum Gehen und Tätigsein verliehen wurde. Wer aber vermöchte wohl zu zweifeln, daß jemand nicht möchte ein erschautes Ziel erreichen, da er dazu noch versehen ist mit zwei Füßen, die ihn ans erschaute Ziel zu bringen vermögen?!
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Wenn uns aber die innere Gefühlssehe ebensogut wie die Augen und Füße verliehen ist und wir erschauen mittels dieser Sehe die Liebe in uns, so haben wir dann ja auch gleich den Füßen des Leibes den freien Willen, vermöge welchem wir dieses Ziel alles Lebens kräftig verfolgen und sogestaltet unser ganzes Wesen zur Liebe hinbringen können, um es dann von ihr ganz ergreifen zu lassen, auf daß dasselbe lebend werde durch und durch.
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Und haben wir solches vollführt, wie sollte da das ewige Leben nicht unser sein, wie es das Licht der Augen des Leibes ist?! Oder meinet ihr, es sei dieses Leben ein Blendwerk? Da frage ich: Sind wir und all die Dinge, die wir schauen, uns denn gegenseitig ein solches?!
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So wir aber die Rinde schon für kein Blendwerk halten mögen, wem könnte es hernach noch beifallen, das Holz und das innerste Mark des Lebens für ein Blendwerk zu halten?!
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Oder meinet ihr, der Herr habe bloß nur lebende Maschinen zum Gras- und Fleischfressen erschaffen, um Sich etwa daran zu ergötzen?! O wahrlich, Seine allerhöchste Weisheit möchte wohl eines höheren Vergnügens fähig sein, als daß sie genötigt wäre, sich grasfressende Maschinen zu erschaffen, um dann vergnügt beobachten zu können, wie diese das Gras und noch anderes in den stinkenden Unrat verkehren! O der Schande des Unglaubens!
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Oder meinet ihr in der großen Beschränktheit eurer Ideen, so ihr etwas machet und hervorbringet ein beschränktes Werk - so in der Zeit wie im Raume -, auch Gott, der Unendliche, sei gleich euch beschränkter Ideen fähig?! Oh, welch eine Unart gegen die Heiligkeit Gottes!
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O zeiget mir an das Geschöpf, das ihr gänzlich zu vernichten vermöchtet! Zeiget mir etwas, das da nicht in sich enthielte Unendliches! Teilet im Geiste das kleinste Stäubchen, und zeiget mir dann die letzten Teile, an denen keine weitere Teilung mehr möglich sein sollte, - oder zeiget mir ein Samenkorn, das da nicht einer unendlichen Vermehrung fähig wäre!
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Da uns aber schon diese nichtigen Dinge die Unendlichkeit der göttlichen Ideen zeigen, wie töricht und überaus blind wäre es, nur zu denken, daß Gott mit jenen Wesen, die Er mit dem lebendigen Gefühle des ewigen Lebens in der Liebe zu Sich gar wohl versehen hat, eine zeitlich beschränkte Idee sollte verbunden haben, - Er, der Unendliche, der über alles Erhabene, der Heilige, Ewige voll Liebe und alles Lebens!
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O Väter und ihr Kinder des Mittages, höret diese Worte; sie kommen aus der heiligen Höhe des liebevollsten Vaters!
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Wir haben kein Gebot außer das des ewigen Lebens, welches ist die Liebe und lautet: ,Du sollst Mich, deinen Gott und heiligen Vater, lieben aus und mit aller der Liebe, die Ich dir gab von Ewigkeit her zum ewigen Leben und als ewiges Leben! So du Mich liebst, so verbindest du dich wieder Mir, und deines Lebens wird nimmer ein Ende sein; unterlässest du aber solches, so trennst du dich vom Leben. Dein Leben wird zwar darob nicht aufhören; auch werde Ich darum ewig nicht aufhören, dein richtender Gott zu sein; und wirst du auch, von Meinem Leben getrennt, fallen den ewigen Räumen Meiner Zorntiefen entlang, wahrlich, nicht außer Mir wird dein ewiger Fall sein! Mich, deinen Gott, wirst du nie verlieren; aber deinen liebevollsten, besten, heiligen Vater und mit Ihm ein ewiges, freies, wonnevollstes Leben, siehe, das wirst du verlieren!`
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O Väter und ihr Kinder des Mittages! Dies einzige Gebot haben wir; dieses ist jedem Kinde schon tief ins Herz geschrieben. Dieses Gebot ist der lebendige Same, den ihr alle in eure Herzen säen müßt, wollt ihr leben als Kinder eines heiligen Vaters, der da Gott ist heilig, heilig, heilig von Ewigkeit zu Ewigkeit.
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Ihr Väter habt zwar viel gesprochen vom Gehorsam und habt dadurch die Herzen dieser Kinder gar wohl aufgelockert; ich sage aber, wer da liebt, kann den Gehorsam wohl . Ist denn der Gehorsam nicht der geistige Weg zur Liebe, welche das Ziel alles Lebens ist?! Hat aber jemand auf diesem Wege das Ziel erreicht, saget, wohin sollte er hernach auf diesem Wege noch wandeln?!
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Daher, so jemand dem Ziele noch ferne ist, der tut wohl, daß er so lange geht, bis er es erreicht hat; hat er es aber erreicht, da ergreife er es mit allen seinen Kräften und halte es fest, das heißt: er liebe Gott über alles, so hat er alles empfangen. Er hat den Vater des Lebens für ewig gefunden, und seiner Freiheit wird fürder kein Ende sein.
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Und so nehmet denn hin diesen teuren Samen des Lebens, ihr Väter und ihr Kinder! Gott Selbst hat ihn mir für euch gegeben. O Liebe! Du bist dieser lebendige Same; so belebe denn die Herzen der Schwachen und Toten! Amen, amen, amen."