Gottes Neue Offenbarungen

Das Grosse Evangelium Johannes: Band 3

Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Jesus in der Gegend von Cäsarea Philippi

- Kapitel 218 -

Murels Erfahrungen auf seinen Reisen

Während Cyrenius solche Bemerkung macht, kommt auch Murel herbei, grüßt Mich und sagt: ,,Herr und Meister, früher redeten nur zwei für uns alle, es waren dies Stahar und Floran; ich war zwar stille, da ich mit so manchem vollendseinverstanden war, - aber es gab darunter dann auch so manches, damit ich nicht einverstanden war und sein konnte. Stahar hat mir nun ein recht großes Licht angezündet, und ich sehe nun bei weitem besser, als ich früher gesehen habe; aber es gibt demungeachtet dennoch so manches, das ich noch lange nicht klar genug einsehe! Und da ich nun ganz anders von dir denke, als ich früher gedacht habe, so möchte ich von dir auch so manches Licht und Lichtlein bekommen.
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Ich war zwar so wie meine Kollegen ein Pharisäer, insoweit sich das Pharisäertum mit meinen geläuterten Begriffen und Erkenntnissen vertrug, und ich weiß es, daß du eben kein besonderer Freund dieser - zumeist Propheten der Nacht - bist! Aber es gibt da auch unter dieser Klasse Menschen noch welche, bei denen aller bessere Geist noch nicht gänzlich entflohen ist, und zu denen habe auch ich mich noch allzeit gezählt, und unter diesem Auspizium (schützenden Vorzeichen) getraute ich mich denn auch, nun zu dir zu kommen und dich - nicht als ein dir verhaßter Pharisäer, sondern nur als ein ganz einfacher, mit manchen Erfahrungen bereicherter Mensch - über so manches zu fragen, was zu wissen nicht nur mir, sondern jedermann not tut.
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Aber es kommt nun eine gewisse Vorfrage, und diese besteht darin: Ich bin ein sündiger Mensch und du ein Heiliger Gottes; wirst du mich wohl einer mir genügenden Antwort würdigen?"
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Sage Ich: ,,Wer seine Sünde als Sünde erkennt und sie tatsächlich verabscheut, Gott über alles liebt und seinen Nächsten wie sich selbst, der ist vor Mir kein Sünder mehr!
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Gott über alles lieben aber heißt, Seine Gebote halten und nicht außer der Ordnung Gottes leben wollen; ist bei dir dies der Fall, da rede, und Ich werde dich hören und dir antworten!"
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Sagt Murel: ,,Dann, Freund, lebe du wohl; denn da werden wir sehr wenig Worte miteinander zu tauschen bekommen! Was nützt mir denn meine Sünden erkennen und sie auch nach Möglichkeit verabscheuen?! Es kommt eine böse Stunde der Versuchung, und man fällt auf demselben Flecke tausendmal von neuem, auf welchem man schon früher tausendmal gefallen ist!
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Man hält auch die Gebote Gottes mit dem guten Willen stets; aber mit der Tat hat es nur zu oft einen gar großen Haken.
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Ich liebte auch stets meine Nächsten, wenn sie keine Lumpen und Spitzbuben waren; waren sie aber letzteres, so liebte ich sie offenbar nicht und bin ihr Freund noch lange nicht. Werden sie ehrliche Menschen, dann werde ich sie auch schon wieder lieben und achten, aber sonst nicht gar zu leichten Kaufes! Du weißt nun aus meinem Munde, wessen Geistes Kind ich bin. Willst oder kannst du mich einer Antwort würdigen, so zeige mir solches unverhohlen an; kannst du das aber nicht, so sage es, und ich werde damit auch zufrieden sein!
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Hochmut und Eigensinn sind meinem Gemüte ganz fremde Dinge; aber übrigens ist in mir auch keinerlei Furcht vorhanden, weil ich kein besonderer Freund irgendeines Lebens bin. Mir ist an diesem meinem Leben geradesoviel gelegen, als an dem letzten Brett an der Arche Noahs. Das Nichtsein wäre mir um volle tausend Jahre lieber als dies lumpige Sein!
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Warum mußte ich überhaupt werden und nun fortbestehend sein? Habe ich je einen Gott um ein Werden und Dasein bitten können?! Ich ward ohne meinen Willen, bestehe nun fort ohne meinen Willen und muß allerlei Gesetze und anderes Ungemach mir gefallen lassen, wofür ich nichts habe als eine höchst dunkle Verheißung, danach es nach diesem elenden Leben ein unelenderes Leben geben soll mit einem ewigen Bestande. Um desselben dereinst teilhaftig werden zu können, soll ich hier dieses Leben hindurch alle noch so starken Versuchungen rein niederschlagen und nach den Gesetzen reiner denn die Sonne am Mittage dastehen, eine Bedingung, die gar nicht zu erfüllen ist, außer man hätte eine ebenso göttliche Natur wie allenfalls du, lieber, achtbarster Freund!
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Wozu aber alles das?! Hinweg mit diesem Leben; denn man braucht weder ein schlechtes, zeitliches und noch weniger ein vielleicht im günstigsten Falle etwas besseres, ewiges Leben! Das vollkommene Nichtsein ist die wahrste Glückseligkeit schon in sich selbst!
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Ah, wenn ich sichere Aussichten auf ein ewiges, vollkommenes Leben hätte, so wäre das dann ganz was anderes! Man wüßte, wie und warum man in diesem Leben etwas tun müsse, damit das nachfolgende ewige Leben ein um desto besser bestelltes mit der höchsten Zuversicht zu erwarten wäre; aber so ist das nirgends der Fall!
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Wo man hinkommt, in welche Schule man sich auch immer einweihen läßt, überall findet man statt einer klaren Aussicht einen blinden Glauben in Gesellschaft einer völlig grundlosen Hoffnung. Und so haben die Menschen zur - sage - vielleicht möglichen Realisierung ihrer, aus ihrem gemachten Glauben entspringenden Hoffnung sich überall Gesetze geschaffen, mit denen sie sich und ihre Nebenmenschen für nichts und abermals nichts, und das nicht selten auf das unerträglichste, quälen.
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Ich bereiste ganz Ägypten und suchte eine klare Überzeugung fürs jenseitige Leben! Was fand ich nach allen Einweihungsqualen? Nichts - als ein künstlich erzeugtes helleres Träumen, und man lehrte mich die Traumgesichte auszulegen und ihnen eine mystisch-prophetische Deutung zu geben, die gewöhnlich für alle Vorkommnisse taugte!
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Wäre ich auch wie viele andere ein schwachgeistiger Träumer, so hätte derlei Sinnengaukelwerk auf mich in jedem Falle einen ganz besonderen Eindruck gemacht, und ich hätte mich in die Dummheiten so recht lebendig hineingeglaubt; aber so sah ich trotz aller Illusionen sogleich auf den Ungrund der Dinge, erkannte in mir selbst den Betrogenen und die Meister der hohen Schule als die gemachten und auch freiwilligen Betrüger, die für sich von all dem, was sie die andern lehren, aber auch nicht eine Silbe glauben.
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Diese Menschen sind noch die Gescheitesten; die nebenbei dennoch etwas Glaubenden sind natürlich schon um ein bedeutendes dümmer und erkennen die helle, auf zahllosen stets gleichen Erfahrungen beruhende Wahrheit ,Mensch, du lebst nur von heute bis morgen!` nimmer!
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Ich zahlte in Korak die verlangte Schul- und Einweihungstaxe und zog von dannen mit der klarsten Überzeugung, daß ich die starke Taxe umsonst bezahlt hatte, - das heißt gegenüber dem, was ich eigentlich erreichen wollte.
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Unterwegs fand ich einen Menschen, der sich meiner Karawane anschloß, der in Persien und sogar bei den Altgläubern (Birmanen) war; von denen erzählte er mir Wunderdinge. Wir wurden nach drei Tagen dahin einig, über Persien zu den berühmten Altgläubern zu reisen. Unsere Reise dahin, mit vielen Gefahren und Beschwerden verbunden, dauerte fünf volle Wochen. Wir fanden dort ein entsetzlich streng lebendes Büßervolk, das aber sonst sehr gastfreundlich war und uns wirklich mit aller Liebe aufnahm. Mit der Sprache ging es mir freilich schlecht; aber mein Führer war derselben kundig, machte mir einen Dolmetsch und konnte mich sonach mit den berühmten Altgläubern, die direkt vom Noah abstammen sollen, ins Einvernehmen setzen. In kurzer Zeit hatte ich selbst so viel von ihrer Sprache mir zu eigen gemacht, um mit den guten Menschen reden zu können. Meine Erkundung ging natürlich vor allem darauf hinaus, um zu erfahren, wie es mit ihrer Überzeugung vom jenseitigen Leben aussieht.
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Die Antwort lautete: Dies wisse nur ihr höchster, unsterblicher Priester, der beständig mit Gott reden könne und schauen auch die jenseitige Welt und alle, die hinübergewandert wären. Aber dieser Priester sei für alle Sterblichen für immer unzugänglich! Niemand dürfe sich seiner Residenz nahen, außer in einem Jahre nur einmal, aber nur bis auf eine halbe Stunde von dem goldnen Felsen, auf dem er sich an einem Sabbat morgens mit dem Aufgange der Sonne den Sterblichen auf etliche Augenblicke lang zeige. Sie alle aber müssen glauben und hoffen, wenn sie die, sage, martialisch unerträglichsten Gesetze halten; hat sich aber jemand versündigt, so muß er Bußwerke verrichten, vor denen es dann aber schon dem Satan grauen müßte!
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Mir wurden etliche solcher Büßer gezeigt, bei deren Anblick mir aber auch gleich das Hören und Sehen vergangen ist! Was in den Schulen Ägyptens mehr scheinbar geschieht - allein nur zur Erweckung der Angst und des Schreckens -, das und noch Ärgeres geschieht dort in der nacktesten Wirklichkeit! Und warum tun solches alles die Menschen, diese dümmsten Tiere? Bloß wegen der Hoffnung auf ein besseres, künftiges Leben!
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Sie zwängen sich in eine ihnen vorgemachte Hoffnung so nagelfest hinein, daß sie diese bösartigste Täuschung ihrer armen Seele am Ende sogar für eine der alleruntrüglichsten Wahrheiten halten!
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Dazu tragen freilich leider die Priester alles bei, weil ihnen solch ein Menschentrug ein stets ansehnlichstes Leben bereitet. Dumm sind die Menschen zur Genüge und lassen sich daher solch einen Betrug gerne gefallen. Aber bei mir ist dies schon lange nicht der Fall; ich will Gewißheit oder einen mich völlig auflösenden Tod!
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Ich verließ nach einem qualvollen Jahre auch die Altgläuber und zog mit einer persischen Karawane nach Hause, das heißt nach Jerusalem, und wurde im Tempel bald Levite und darauf Pharisäer (Varizaer = Hüter, Hirte) und kam bald darauf hierher, allwo ich nun schon bereits elf volle Jahre als ein Judenpriester in Diensten stehe.
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Dümmer, als die Menschen eher waren, habe ich sie wohl nicht gemacht, weder durch Worte noch durch Taten, aber auch weiser nicht; denn ich dachte mir: Wen seine Dummheit glücklich macht, dem lasse man sie unbeirrt! Denn man gibt ihm selbst mit der erwiesensten Wahrheit nichts Besseres! - Ich habe dir damit nun gezeigt, wie ich so ganz eigentlich denke und wie ich beschaffen bin.
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Wenn von Menschen gemachte Gesetze, die schwer zu halten sind, über den Menschen entscheiden, ob er ein Gerechter oder ein Verbrecher sei, so bin ich offenbar ein Sünder vor deinem gesetzlich reinsten Wesen und kann, mag und darf mit deiner Heiligkeit deinetwegen nicht Zwiesprache führen.
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Ist vor dir wie vor mir nicht das von Menschen gemachte Gesetz, sondern allein der Mensch, wie er nach seiner Natur ist, maßgebend, so kannst du, trotz deiner Göttlichkeit, die mich eigentlich gar nichts angeht, mit mir ebensogut eine Zwiesprache führen wie ich mit dir! Erwarte aber darum von mir weder einen Dank, noch irgendeine Verehrung, - und wärest du Jehova Selbst; denn dann bin ich dein Werk und sehe gar keinen Grund, aus dem heraus ich dich fürchten oder lieben und ehren sollte!
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Ah, wenn ich dich zuvor um ein Dasein hätte bitten können, dann stünde das Verhältnis ganz anders, auch wenn ich ein Freund des Lebens wäre; aber ich bin ein Feind des Lebens geworden, weil ich die arme, ehrliche Menschheit stets schmachten unter dem elendsten Drucke von allerlei dummen und nichtigen Gesetzen fand. Nur Menschen, die es schon von Urbeginn an verstanden, ihre schwächersinnigen Nebenmenschen so recht dick zu hintergehen, sind allein glücklich, weil sie sich stets über jedes Gesetz zu erheben verstehen.
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Diese verfinstern ihre armen Nebenmenschen durch allerlei jenseitige Verheißungen, auf daß sie selbst desto freier hier ein ganz gutes Leben führen können. Diese Sachen kenne ich und weiß, was ich von einem künftigen, jenseitigen Leben zu denken und zu erwarten habe. Daher habe ich auch keine Furcht - weder vor dem allmächtigen Gott, und noch weniger vor irgendeinem großen und noch so mächtigen Weltbeherrscher.
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Gott fürchte ich darum nicht, weil Er offenbar ein zu weises Wesen sein muß, dem es doch wahrlich kein Vergnügen machen kann, einen armen, nichtigen Wurm im Staube zu quälen, den Er, so er Ihm lästig geworden ist, tausendmal mit einem leisesten Hauch vernichten kann. Als ein höchst weises Wesen kann Gott dafür auch vernünftigermaßen von mir keine Verehrung und Anbetung und keine Liebe fordern, weil Er mich ungebeten und unaufgefordert in ein elendes Dasein gesetzt hat, das mir durch den Mund herrsch- und gewinnsüchtiger Menschen eine jenseitige Glückseligkeit erhoffen lehrt, und ich solch eine Lehre für die blankste Wahrheit halten solle, während mir von allen Seiten her tausend und abermals tausend Erfahrungen das blankste Gegenteil handgreiflich zeigen und die große Natur aus allen ihren Gräbern laut schreit: ,Mensch, all dein Leben dauert nur von heute bis morgen!`
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Du siehst, daß bei mir mit dem altgerühmten Glauben und mit seiner tröstenden Begleiterin, der lieben Hoffnung, nichts zu machen ist, durchaus nichts! Darum gib mir die Wahrheit, die ich, wie dies mein Dasein, lebendig fühlen werde, und jedes Glaubens werde ich entbehren können, wie auch jeder leeren Hoffnung!
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Mache, du weiser und mächtiger Mann Jehovas, uns Menschen keine langen und lüsternen Zähne, die aber hernach nichts zum Beißen bekommen! Ich würde dir, du weiser Freund, nicht so von der Leber weg zugesetzt haben, so ich aus deinen früheren Reden und Lehren nicht entnommen hätte, daß in dir auch die Wahrheit zu Hause ist und du auch einer bist, der es mit der armen Menschheit ehrlich meint.
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Solltest aber auch du einen andern Hintergrund haben, dann laß mich bei der Wahrheit, die ich mir durch tausend Erfahrungen schwer und bitter erworben habe!"

Fußnoten