Gottes Neue Offenbarungen

Das Grosse Evangelium Johannes: Band 3

Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Jesus in der Gegend von Cäsarea Philippi

- Kapitel 75 -

Suetal spricht mit Ribar über das Verhalten Raphaels

Den zwölfen aber will die Rede des Raphael nicht wohl munden, und sie fangen darum an, auf Mittel zu sinnen, wie sie sich etwa so ganz heimlich empfehlen könnten, um doch wieder nach Jerusalem, wennschon unverrichteterdinge, zurückzukehren; ,,denn", sagt Suetal, ,,wir haben bis jetzt noch nichts Strafbares wider den Tempel unternommen. Was die Gewalt mit uns verfügte, dafür können wir nicht; unser innerster Sinn aber kann von allen Templern ewig nicht erforscht werden, und so müssen wir im Tempel ganz gut wieder aufgenommen werden, und wir werden in dessen Gunst sicher steigen, so wir ihm so manches mitteilen werden, was uns auf unseren gefahrvollsten Wanderungen alles für Außerordentliches begegnet ist! Die Hohen werden uns mit den geneigtesten Ohren von der Welt zuhören und werden uns wohlwollend werden, und unser Glück ist gemacht. Wir werden dann vielleicht wieder hinausgesandt werden in die Fremde; aber es wird uns solches nimmer genieren, denn wir sind feine Käuze und wissen nun genau, was wir zu tun und für wen wir das Volk zu bearbeiten haben!
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Hier in dieser sonderbaren Gesellschaft von Zauberern oder Göttern aber ist es fürwahr nicht mehr zum Bestehen! Es wird immer von der Liebe gesprochen, wie solches aus der wahrlich weisen Rede des Griechen zu entnehmen war; fragt man aber so einen Wundertäter um etwas, so gibt er einem stets nur eine ausweichende Antwort und wird dabei grob wie ein Stoppelfeld! Na, der soll mir noch einmal von der Demut, Sanftmut und Liebe etwas vorzusagen anfangen, so wird er von mir eins aufs Dachel bekommen, daß er mir dagegen sicher nicht vieles zu erwidern imstande sein wird!
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Wer seinen Bruder zur Demut ermahnt, muß zuerst selbst demütig sein, ansonst soll er sich zuvor eine ellenlange Predigt von der Demut machen, ehe er einen seiner Brüder zur Demut ermahnt! Da schaue der Mensch einmal so einen jungen Wunderschliffel an, wie schön grob er am Ende mit uns allen geworden ist! Was geht uns seine Wundertatskunst an, und was solle sie uns nützen, so wir sie ihm nicht nachmachen können?! Braucht er darum mit uns denn grob zu werden?
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Daß ich wegen des Mägdleins meine ganz natürliche und durchaus nicht anzügliche Bemerkung gemacht habe nach dem, was doch ein jeder Mensch hier mit offenen Augen selbst sehen kann, das kann doch keinen nur einigermaßen weisen Menschen beleidigen; denn was ich bemerkte, ist wenigstens für unsereins eine ganz gewöhnliche menschliche Erscheinung und entbehrt jedes prophetischen Anstrichs. Ich berührte nur den sicher jedem von uns auffallenden Kontrast, daß es hier einerseits, was die Taten betrifft, offenbar göttlich wunderbar zugeht; was aber die sittliche Sphäre des Lebens betrifft, da ersieht doch kein gewöhnliches Menschenauge was anderes als etwas ganz Gewöhnliches und Natürliches, - und solche meine ganz unschuldige Bemerkung brachte das Muster von Demut und Sanftmut derart auf, daß er uns fürs erste so recht armdick beschimpfte und fürs zweite den Rücken kehrte, damit er ja einer Erwiderung von unserer Seite entging! Wahrlich, ein solches Benehmen gehört offenbar in ein Tollhaus, aber nicht unter Menschen von einiger Bildung, und am allerwenigsten in die Gesellschaft von lauter Liebe-, Demuts- und Sanftmutspredigern! Darum möchte ich wahrlich nicht für lange bei dieser Gesellschaft sein; denn es gibt kein fataleres Sein als eines unter solchen Menschen, bei denen man nie bis auf den Grund sehen und auch nie wissen kann, wie man mit ihnen daran ist, und inwieweit man ihnen trauen soll! Wahrlich, diesen Meistern möchte ich um alles in der Welt keinen noch so dummen Jünger abgeben! - Habe ich recht oder nicht? Was meinst den du da in dieser Hinsicht, Bruder Ribar? Was glaubst du, - sollen wir gehen oder noch bleiben, da wir nun frei sind und können von nun an in die Legion der Fremden eintreten oder aber auch heimkehren?!"
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Da antwortet Ribar, sagend: ,,Ich meine, daß wir dennoch bleiben sollen; denn wir sind ja doch im Grunde von keinem bärtigen Manne, sondern von dem noch stark unbärtigen Wunderjungen - wahrscheinlich wegen deiner Zudringlichkeit von wegen des großen Meisters, daß wir ihn einmal sähen, - so ein bißchen zurechtgewiesen worden!
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Meine Meinung darin ist die: Der Junge hat von seinem Meister sicher noch ein Verbot auf dem Rücken, demzufolge er aus was immer für Gründen uns den Meister nicht vor der Zeit verraten darf; nun bist du ihn aber scharf angegangen darum, und er hat sich dadurch aus deiner Schlinge gezogen, daß er uns allen, weil du ihm ein wenig zugesetzt hast, den Rücken kehrte. Meine Meinung ist darum denn doch diese, daß wir bleiben sollen und doch sehen, ob wir mit dem großen Meister nicht eine Bekanntschaft machen können!
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Es wird einem hier freilich wohl ganz sonderbar zumute, wo man sich einesteils fast wirklich wie unter lauter Göttern befindet, andernteils es aber doch wieder ganz natürlich-menschlich zuzugehen scheint! Von einem Fasten vor dem Sabbat ist da natürlich keine Rede; denn es sind ja fast die meisten Anwesenden lauter Römer und Griechen. Also sieht man auch wenig beten; aber was da gesprochen wird, strotzt nicht selten von übersalomonischer Weisheit. Kurz, es waltet hier alles sonderbar durcheinander; wir stehen unter Menschen, die wie von Gott berufen zu sein scheinen, Himmel und Welt enger aneinanderzuziehen, um mit der Zeit den Menschen dieser Erde ein weiteres Feld zur Ausbildung ihrer geistigen und der dazu nötigen materiellen Kräfte zu bereiten! Ich kann darum dem Jünglinge trotz aller seiner Grobheit dennoch nicht gram werden; denn es ist oft ein solcher Rüttler gar nicht schlecht, weil man durch ihn oft schneller zu einer Einsicht gelangt als durch hundert bescheidene Belehrungen."
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Fragt Suetal etwas nachdenkend: ,,Wie meinst und verstehst du das?"
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Sagt Ribar: ,,Das sollst du von mir nun gleich so ganz unverhohlen vernehmen!"

Fußnoten