Gottes Neue Offenbarungen

Das Grosse Evangelium Johannes: Band 7

Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Der Herr auf dem Ölberg (Fortsetzung)
Ev. Joh. Kap. 8

- Kapitel 84 -

Die Zersplitterung im Hohen Rate

1
(Der Herr:) ,,Nun erst steckten die Großtempler die Köpfe zusammen und wußten nicht, was sie machen sollten. Kaiphas machte ihnen den Vorschlag, daß doch noch jemand es versuchen solle, das Volk durch eine gute Rede auf andere Begriffe zu bringen; aber es hatte niemand den Mut dazu.
2
Als es nun aber schon sehr nahe am Mittage war, wurde ein Tempeldiener beauftragt, hinaus in die Hallen zu treten und dem Volke zu bedeuten, daß es sich nun bald ganz entfernen möge, weil hernach des Vorsabbats wegen der Tempel der nötigen Reinigung wegen geschlossen werde. Der Diener kam und verkündigte den Auftrag den noch im Tempel weilenden recht vielen Menschen. Aber er fand eine schlechte Aufnahme.
3
Es war der riesige Bethlehemer noch gegenwärtig und schrie den Diener mit einer wahren Donnerstimme an: ,Wir wissen, wann wir den Tempel zu verlassen haben! Wir werden ihn nun denn auch derart ganz verlassen, daß wir ihn höchstwahrscheinlich nie wieder besuchen werden; denn der Tempel und seine Einwohner allein sind schuld am ganzen Unheil, das über unser Gelobtes Land jüngst hereinbrechen wird. Gehe hin zu deinen Herren und sage ihnen, daß nun das Volk also spricht, und wem es nicht recht ist, der komme heraus und rechte mit uns!`
4
Als der Diener nun diese Sentenz vernahm, sagte er wohlweislich kein Wort mehr und ging und zeigte das dem Rate wortgetreu an.
5
Und Kaiphas sagte: ,Wie ich es euch schon lange gesagt habe, also ist es: Wir sind durch den Nazaräer alle verraten! Er macht sich die Römer zu Freunden durch seine Magie. Sie halten ihn mindestens für einen Halbgott, und wenn es noch eine Zeitlang fortgeht, so werden sie ihn auch noch zu einem Vizekönige der Juden machen, und wir können uns hernach umsehen, wie wir davonkommen werden. Darum sollten wir denn nun auch alles wagen, diesen uns höchst gefährlichen Menschen aus dem Wege zu räumen; denn wächst er uns einmal über unsere Köpfe, so sind wir alle verloren!`
6
Sagte nun ein Ältester: ,Ich sage euch nichts anderes, als daß da eines wie das andere eine höchst gefährliche Spieltreiberei ist! Denn ist er ein Freund der mächtigen Römer, so werden sie durch seine schon sehr vielen Jünger nur zu bald erfahren, was wir mit ihm gemacht haben, und dann wehe uns für immer! Lassen wir ihn aber sein Wesen forttreiben und schließen uns nicht an ihn an, so sind wir im ganzen Judenlande auch binnen längstens drei Jahren völlig überflüssig geworden! Was ist nun da Rechtens?`
7
Sagte ein anderer Ältester: ,Ich wüßte, wenn ich Hoherpriester wäre, schon ganz wohl, was nun am rätlichsten zu tun wäre.`
8
Fragte nun Kaiphas, sagend: ,Was denn?`
9
Sagte der Älteste: ,Wir sind nun ganz unter uns, und ich kann da ein freies Wort reden, und ihr könnet mich anhören, so ihr es der Mühe wert findet. Sehet, unserem Moses samt dem Jehova und samt allen Propheten haben wir ja aller Wahrheit nach den Rücken zugewendet und sind des Volkes und des Einkommens wegen pure Formenreiter geworden; denn von uns, wie wir nun da beisammen sind, glaubt keiner an einen Gott, an einen Moses, noch an irgendeinen Propheten. So wir aber nun sehen, daß alles Volk an den Nazaräer glaubt und ihm nachrennt, so tun wir das auch, wenigstens pro forma, und wir werden dadurch bei dem Volke und sogar bei den Römern sehr viel gewinnen!`
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Hier sprang Kaiphas ordentlich auf und sagte: ,Auch du willst uns alle verraten?! Wer im Ernste also redet, wie du nun geredet hast, der ist von mir aus verflucht!`
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Sagte der Älteste: ,Sage mir das vor dem Volke; denn hier im Rate hast du kein Recht, mir das ins Gesicht zu sagen! Merke dir das wohl, sonst sehen wir uns heute noch vor dem Landpfleger!`
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Sagte hierzu noch ein anderer Ältester: ,So wir hier im großen Rate versammelt sind, da hat ein jeder das volle Recht, ein freies Wort zu reden, ansonst der Rat zu nichts nütze ist; stehen wir aber vor dem Volke, so wissen wir, was wir zu reden haben. Wenn du als nunmaliger Hoherpriester nur deinen Willen allein durchsetzen willst, so ist unser Rathalten ganz überflüssig, und wir tun am vernünftigsten, wenn wir künftighin gar keinen Rat mehr halten. Was ist vom Tempel aus schon alles unternommen worden, um des Nazaräers irgend habhaft zu werden, und man konnte ihm doch nirgends an den Leib kommen! An den Festtagen war er im Tempel und lehrte das Volk frei und offen. Warum hast du ihn denn da nicht aufgreifen lassen?`
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Sagte Kaiphas: ,Wer getraut sich, dem großen Volke Widerstand zu leisten?`
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Sagte der Älteste: ,Gut, wenn so, warum verfluchest du dann einen Ältesten, der dir sagt, daß wir gegen den Galiläer mit unserer sehr verkümmerten Macht wenig oder nichts mehr ausrichten werden? Unternehmen wir - wenn das noch irgend möglich ist - etwas Ernstes und irgend für einige Tage Erfolgreiches gegen ihn, so haben wir uns das Grab schon gegraben, - was ich ganz klar einsehe; unternehmen wir aber nichts und betrachten sein Tun und Treiben mit mehr gleichgültigen Augen, so können wir noch eine längere Zeit bestehen, besonders wenn wir selbst irgendwelche Reformen im Tempeldienste annehmen und ins Werk stellen wollen. Aber nach deinem Plane werden wir alle bald genötigt sein, das Weite zu suchen. Ich habe geredet!`
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Nun entstand eine volle Zwietracht im Hohen Rate. Ein Teil hielt mit den Ältesten, ein anderer mit dem Hohenpriester, und es kam zu einem lauten Zank. Da erhoben sich die Ältesten und gingen nach Hause, denn sie hatten ihre Häuser und andere Besitzungen. Nur die Pharisäer blieben noch bei Kaiphas, empfahlen sich aber auch bald, da es schon vollends um die Mitte des Tages war. -
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Sehet, so stehen nun die Dinge im Tempel, und Ich habe euch das nun darum genau mitgeteilt, damit ihr sehen könnet, welch einen geringen Eindruck die nächtlichen Mahnzeichen auf diese Natternbrut da unten gemacht haben! Sie sind und bleiben unverbesserlich, wie sie allzeit waren; darum wird das Licht von ihnen genommen und den Heiden gegeben werden. - Jetzt aber kommt auch schon unser Lazarus mit dem Raphael und wird uns zum Mittagsmahle laden, und wir alle werden uns für die Zeit des Mittagessens wieder in das Haus begeben!"
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Hier sagte Agrikola: ,,Herr und Meister, ich bin auf Deine nunmalige Mitteilung über den Hohen Rat, wie auch über die frühere Erzählung des Wirtes, wie sich die gewissen Priester über Dich ausgelassen haben, so ärgerlich geworden, daß ich nun gute Lust hätte, dem Landpfleger die ganze Sache mitzuteilen und einen Boten an den Oberstatthalter Cyrenius abzusenden, und es sollen da dem Oberpriester bald die Augen geöffnet werden, damit er zur Einsicht komme, wie nun die Dinge stehen!"
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Sagte Ich: ,,Freund, du weißt es ja, welche Macht in Mir ist! Wollte Ich diese da unten mit Gewalt richten, so würde ihnen das dennoch nichts nützen, weil Meine Allmacht - wie Ich euch das schon gezeigt habe - keines Menschen freien Willen bessern kann. Das muß die Lehre beim Menschen bewirken, nach der er sich selbst zu halten und zu bestimmen hat, so oder so zu handeln. Will ein Mensch das Gute und Wahre einer Lehre aber gar nicht einsehen und noch weniger danach handeln, so ist er schon ein Böser und wird in sich dereinst das finden, was ihn richten wird. Darum lassen wir das und begeben uns ins Haus!"
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Darauf erhoben wir uns und gingen in den großen Speisesaal, allwo schon ein gutes Mahl unser harrte.

Fußnoten