Von der Hölle bis zum Himmel: Die Jenseitige Führung des Robert Blum
Band 1
- Kapitel 32 -
Liebe Mich, Jesus, denn in Christus wohnt die Fülle der Gottheit körperlich! Robert bezweifelt Jesu Gottheit, will aber blind glauben
Rede Ich: ,,Mein liebster Freund und Bruder! Bevor die Traube am Stock nicht völlig reif wird, soll sie nicht von ihm gelöst werden! Denn ihr Lebenssaft würde dann einen noch saueren Wein geben, der sehr wenig Geist hätte; und hätte er schon einen, so doch einen sehr unedlen.
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Siehe, du bist nun auch noch wie eine nicht vollreife Traube und bist für deine verlangte Enthüllung noch nicht reif. Warum aber, das wird dir die jüngste Folge zeigen! Wenn du aber reif wirst, dann wird es dir dein eigener Geist sagen, was du nun von Mir gerade heraus haben möchtest.
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Wir haben nun zuvor noch ein sehr wichtiges Kapitel miteinander zu verhandeln. Wird dieses wohl vonstatten gehen, so wirst du eher reif als du dir's vorzustellen vermagst. Wird aber diese Verhandlung nicht nach der Ordnung Gottes ausfallen, dann wirst du noch eine geraume Weile bis zu deiner Vollreife vonnöten haben.
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Das aber sollst du dennoch im voraus wissen: Wie die Traube nur durch die Wärme der Sonne, also kommt auch ein jeder Menschengeist durch die rechte Liebe zu Gott zur Reife. Kannst du aber schon Gott nicht lieben, da du noch fragst, wo und wie Er sei, so liebe doch Mich aus allen Kräften, da du doch über Mein Sein sicher in keinem Zweifel sein kannst. Damit wirst du der erwünschten Reife schon näher kommen. Denn die Liebe zum Nächsten ist gleich der Liebe zu Gott. Daß Ich aber hier dein Nächster bin, daran wirst du wohl keinen Zweifel haben?
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Und so tue das, so wirst du dich der Gottheit sehr zu nahen anfangen. - Aber nun gehen wir zu unserem zu verhandelnden Kapitel über!
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Lieber Freund, sage Mir, da dir die Briefe Pauli nicht unbekannt sind, was dieser Lehrer wohl meinte mit den Worten: ,In Christo wohnt die Fülle der Gottheit körperlich.` Meinte er wohl, daß sich in Christo, also in Mir, die gesamte Gottheit befindet? Oder wollte er mit diesen vergötternden Worten nur die Vortrefflichkeit des Geistes Meiner Lehre bezeichnen? Und zwar nach der damaligen Sitte, wo man nur zu bereit war, alles Außerordentliche zu vergöttern? Sage Mir darüber dein eigenes Urteil! Ich möchte es von dir vernehmen!"
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Spricht Robert: ,,Ja, mein geliebter Freund, das ist eine ganz kitzlige Frage! Denn wie möglich ließe sich hier erraten, was der gute Paulus damit eigentlich gemeint hat! - Es wäre äußerst gewagt, festweg zu behaupten: Das und nichts anderes hat damit dieser höchst respektable Lehrer der Heiden gemeint. Ich finde es überhaupt für eine große Anmaßung so mancher Gelehrter, wenn sie festweg behaupten, den wahren Geist irgendeines genialen Autors vollauf erfaßt zu haben! Ich bin da um sehr vieles bescheidener und lasse in solchen Fällen sehr gerne andere urteilen. Gefällt mir ihr Urteil, so pflichte ich ihnen bei. Gefällt es mir nicht, so höre ich darüber noch andere urteilen und handle dadurch auch nach Paulus, der da spricht: ,Prüfet alles, aber nur das Gute behaltet!` - Als gut aber kann ich nur das anerkennen, was meiner innersten Überzeugung am nächsten kommt. Hätte Paulus das erste gemeint, was auch möglich sein kann, so hat er unmöglich das zweite meinen können, und umgekehrt! Das ist mathematisch und logisch richtig!
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Aus dieser meiner Definition aber wirst du hoffentlich einsehen, daß ich dir auf deine Frage eine genügende Antwort schuldig bleiben und von dir erwarten muß, was du von mir haben wolltest! Sei demnach gebeten, selbst über dieses Kapitel nach deiner Weisheit zu reden!"
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Rede Ich: ,,Diese Antwort, Freund, habe Ich erwartet. Sie mußte so natürlich-klug ausfallen, weil du ein natürlich-kluger Mann bist. Aber von einer übernatürlichen Klugheit ist darin noch nichts zu entdecken. Nach der innersten, also rein geistigen Klugheit aber kann Paulus nur ein Bestimmtes gemeint haben. Das muß sich aus der Stellung seiner Worte genau definieren lassen, sodaß man im Verfolge dieser wichtigsten Sache nimmer im Zweifel sein kann, ob er dies oder jenes gemeint habe; sondern daß er ganz bestimmt nur, nehmen wir an, das erste hatte meinen müssen. Wie aber das aus der innersten, übernatürlichen Klugheit zu entnehmen ist, kannst du freilich nicht wissen. Denn Hegel und Strauß, Rousseau und Voltaire haben solches selbst nie begriffen. Und du, als einer der eifrigsten Verehrer dieser Weltweisen, kannst daher auch jene Wege unmöglich kennen, die deinen Lehrern und Führern noch unbekannter waren als den alten Römern Amerika, Australien und Neuseeland.
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Hättest du als Deutscher an Stelle dieser genannten Führer lieber die deutsche Bibel, den Swedenborg und ähnliche Weise deutscher Abstammung recht fleißig studiert, da wüßtest du nun ganz perfekt, wie Paulus zu verstehen ist. Aber als Hegelianer bist du davon wohl noch weit entfernt, und es wird noch ziemlich vieles brauchen, bis du zu der innersten Klugheit gelangen wirst! Gib aber nun acht, Ich will dir etwas sagen! Wenn du es annimmst, da sollst du dem Ziele um ein bedeutendes nähergerückt werden.
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Siehe, Paulus hielt Christum, also Mich, für das höchste Gottwesen selbst, obschon er zuvor Mein schroffster Gegner war. - Sage Mir nun, was du vom Glauben und der Weisheit des alten Paulus hältst?"
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Spricht Robert: ,,Geliebtester Freund, auf diese Frage ist wieder äußerst schwer eine genügende Antwort zu geben. Denn fürs erste gehörte da wohl auch eine übernatürliche Klugheit dazu, die mir aber mangelt. Und sodann kann man ohne nähere kritische Beweise doch nicht so ganz annehmen, daß der sonst sehr weise Paulus im vollsten Ernste selbst geglaubt hat, was er den anderen Menschen wollte glauben machen. Denn alle ehrenhaft alten Weisen haben samt Paulus sicher selbst gar wohl eingesehen, auf welch lockerem Boden alle metaphysischen und theosophischen Theorien stehen. Sie berechneten nach ihrer genauen Menschenkenntnis, wie unglücklich in kurzer Zeit das Menschengeschlecht werden müßte, wenn es durch höhere Aufklärung über sein vergängliches Wesen ins klare gekommen wäre. Daher suchten sie durch Reden und Denksprüche - manchmal nach Art des Orakels zu Delphi - die Völker zu einem gewissen mystischen Glauben zurückzuführen, durch den wenigstens eine Hoffnung auf ein künftiges Leben sich zuwegebringen ließe. Ob sie aber auch im Ernst selbst voll solcher Hoffnung lebten oder gar von alledem, was sie lehrten, eine völlig wahre Überzeugung hatten, das muß ich wohl sehr in Frage gestellt sein lassen, bis ich entweder auf innerstem Klugheitswege oder durch eine unmittelbare Gegenüberstellung mit den Geistern, die so etwas gelehrt haben, eines anderen belehrt werde.
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Ich für meine Person nehme übrigens nicht den geringsten Anstand, dich, meinen allerliebsten Freund, so lange für einen Gott zu halten, bis ich einen andern irgendwo finde! Sollte sich aber für ewig kein anderer Gott zeigen, so bleibst du mein einziger Gott und Herr auch für ewig! Denn wenn es unter uns einer ist, da bist es offenbar du! Denn an mir läßt sich trotz aller meiner Hegelschen Weisheit auch nicht eine leiseste Spur von einer Gottheit finden. Aber um einen Beweis, warum ich das gerne glaube und annehme, darfst du mich nicht fragen, denn da müßte ich dir die Antwort wieder schuldig bleiben.
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Denn was man glaubt, das glaubt man ohne Beweis, da der Glaube an sich selbst nichts ist als entweder eine Trägheit oder manchmal wohl auch ein gewisser Gehorsam des Verstandes. Fordert aber ein tätigerer Verstand Beweise für das Glaubensobjekt, und können solche dem Verstande genügend geliefert werden, so hört der Glaube ohnehin auf, ein Glaube zu sein; denn dann wird er zur anschaulichen Überzeugung!
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Diese aber kann ich mir hier von deiner Gottheit durchaus nicht verschaffen. Daher will ich unterdessen nur glauben, daß du vorderhand ein Gott seist. Sollte es in der Folge aber möglich werden, diesen Glauben bis zu einer bestimmten Offenkundigkeit beweislich zu steigern, dann wird mein Glaube zur beschaulichen Wahrheit werden. Ob aber mein Glaube leicht dahin wird umgestaltet werden können, das gehört freilich wieder in ein anderes Kapitel!
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Denn sieh, ich bin ein sehr starker Thomas und verlange zuvor ganz genaue Beweise, bis ich etwas als bestimmte Wahrheit annehme.
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Du hast mir wohl die Bibel und den Theosophen Swedenborg angeraten. Aber was nützt hier ein solcher Behelf, wo man ihn nicht haben kann. Daher bleiben wir nur beim einfachen Glauben. Und so es dir möglich ist, mache mich ein wenig dümmer, als ich von Natur aus bin, auf daß ich im bloßen Glauben desto stärker werde. Ich sehe schon zum voraus, daß ich dann um vieles glücklicher sein werde, als ich es so bin!
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Denn ein recht blitzdummer Kerl hat in Hinsicht auf ein glücklicheres Sein viel vor einem aufgeklärten Geiste voraus. Während dieser im Schweiße seines Angesichtes forscht und forscht, um der großen und heiligen Wahrheit näherzukommen und dadurch sich und viele Tausende glücklich zu machen, - da betet der reine Glaubensmensch sein ,Pater noster` und legt sich dann ganz behaglich auf seine Bärenhaut nieder und schläft wie ein Murmeltier sorglos, süß und ruhig! Kommt dann die letzte Stunde, so macht er sich eben nicht gar zu viel daraus. Wenn ihm nur ein Priester ob einiger gutbezahlter Messen die Dispens von der Hölle und den Nachlaß der zeitlichen Strafen im Fegfeuer verschafft! Sein blinder Glaube nimmt das alles für bare Münze, und er stirbt in der zuversichtlichen Hoffnung, sogleich in den Himmel aufzufahren. Das heiße ich doch eine glückliche Dummheit! - Und ich sage noch hinzu:
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Ein Narr und Esel ist der, der sich durch sein ganzes Leben mit Denken und Forschen abgibt. Denn das vermehrt weder auf der Körperwelt und noch viel weniger in dieser geistig dunstigen Welt sein Glück. Im Gegenteil macht es ihn nur um so unglücklicher, je mehr er nach Licht und Wahrheit dürstet, dabei aber stets mehr zur Einsicht gelangt, daß die irgendwo seiende Gottheit zur Stillung dieses Durstes nirgends eine erquickende Quelle erschaffen hat.
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Also will ich nun diesen Weg ganz verlassen und mich dafür in die weichen Arme des stumpfen und trägen Glaubens werfen. Vielleicht komme ich da eher zu etwas, das man mit Recht ein wahres Glück des menschlichen Wesens nennen kann?
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Wie glücklich ist z.B. so ein Stiftsprälat! Er denkt nichts, er erfindet nichts; sondern er lebt bloß seines echt römisch-katholischen Glaubens in der süßen Ordnung seines epikuräisch-stoischen Ordensstifters und läßt sich täglich seine ausgesuchten Mahlzeiten wohl schmecken. Wahrlich, siehe Freund, das ist ein glückliches Leben! Und solch ein Leben gibt der blindeste und stupideste Glaube?!
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Daher will ich nun auch rein nur ganz ohne Gedanken mich dem Glauben in die Hände werfen. Vielleicht werde ich dadurch glücklicher werden!? - Ich glaube daher nun an deine Gottheit! Sage mir, tue ich recht und wohl damit? O rede du, mein geliebter Freund!"